‚L’Ouvroir de Littérature Potentielle‘ (Werkstatt für potentielle Literatur), kurz ‚Oulipo‘, wurde 1960 von dem Schriftsteller Raymond Queneau und dem Mathematiker François Le Lionnais in Paris gegründet und zählt immer noch zu den bedeutenden zeitgenössischen literarischen Gruppen Europas. Wichtige Vertreter waren neben Queneau auch Italo Calvino, Jacques Roubaud, Oskar Pastior und Georges Perec. „Das Ziel von Oulipo ist eine Spracherweiterung durch formale Zwänge: Es geht um das Schreiben nach Regeln, um das Bereitstellen und Aufbereiten von oftmals mathematisch ausgeklügelten Regelwerken, die bei der Herstellung von Literatur behilflich sein können. Daher das wichtige Adjektiv ‚potenziell‘.“1 So inszenierte Perec seinen Roman ‚Das Leben Gebrauchsanweisung‘ (1978) systematisch auf einer schachbrettartigen Struktur, womit es ihm gelingt, ein breites Panorama verschiedener Geschichten zu eröffnen. So wie den ‚klassischen‘ Oulipo-Texten abstrakte Regeln wie Permutationen und Kombinatorik zugrunde liegen, entstehen in den letzten Jahren zunehmend Werke, die ihre Regeln dem Alltag abschauen: dem Rhythmus einer Metrofahrt (Jacques Jouet), den Pariser Straßennamen (Oliver Salon) oder den Abfällen auf der Straße (Hervé Le Tellier).