Haben oder Sein

Merit Bendler

Um in diesem System zu überleben, muss man gierig und egoistisch sein. Alles, auch non-physische Konstrukte und Beziehungen, werden zu toten Dingen, die man sich aneignen muss. Dadurch entwickelt sich die Haltung, sich durch all jene gehorteten Dinge zu definieren. So entsteht die Existenzweise des Habens; Man identifiziert sich durch das, was man hat. Jeder denkt so, weil das System es nicht anders hergibt. So beneidet man die über sich, die mehr haben als man selbst, und fürchte die unter sich, die das haben wollen, was man hat. Dies führt dazu, dass man einander misstraut und man zu all seinen Mitmenschen Abstand einnimmt. Man entfremdet voneinander, da man in dem anderen nur noch sieht, was er einem geben oder nehmen kann. In der Existenzweise des Habens zählt einzig die Aneignung und das uneingeschränkte Recht, das Erworbene für sich zu behalten. Das Ideal ist immer mehr, weshalb man nie zufrieden damit sein wird, was man bereits hat. Man muss lernen, Frieden und Seligkeit, statt Reichtum zu verlangen; auf lange Sicht zu planen und zu bauen, mit den Zielen der Gemeinschaft und Solidarität. Dies ist es, was die Existenzweise des Seins ausmacht. Ihre höchsten Werte sind das Geben, das Teilen, das Lieben. In der Existenzweise des Seins definiert man sich durch das, was man ist, was man kann und was man tut. Das entfremdete Selbst gilt es zu transzendieren und die fast verlorenen zwischenmenschlichen Verbindungen wieder aufzubauen. Um den tief verwurzelten Antagonismus zwischen einander beseitigen zu können, muss man seinen Ursprung, den Kampf um alle Dinge, das System, beseitigen. Es muss nicht nur der Einzelne aus seinem Wahn erweckt werden, sondern das gesamte System der Habgier in seinen hypnotischen Versprechen revolutioniert werden. Der Text basiert auf dem Buch ‹Haben oder Sein› von Erich Fromm, 1979.

Technik

After effects, Illustrator, Indesign, Photoshop