Scripting im Grafikdesign

Der Aspekt des Systematischen im Gestaltungsgeschehen tritt umso klarer zum Vorschein, je mehr der Gestaltungsvorgang vom letztlichen visuellen Ergebnis der Gestaltung getrennt ist. Seine deutlichste Ausformulierung findet dieses Prinzip im Gestalten durch Codes: Bis zum Moment der Ausführung des Programmcodes ist vom Design nur abstrakter Text in einem Code-Editor sichtbar. Dann, auf Knopfdruck, werden diese abstrakten Textvorlagen in ein visuelles Ergebnis übersetzt – und das meist augenblicklich.

 

Um ein solches Vorgehen beim Gestalten zu ermöglichen, wurde in Ergänzung zum Kurs Stil System Methoden der begleitende Laborkurs ‚Typografie programmieren‘ angeboten, der einen Einstieg ins Scripting im Grafikdesign bot.

Ausgangspunkt dieses Lernprozesses war dabei die Scripting-Library basil.js, deren Entwickler es sich zum Ziel gesetzt haben, GestalterInnen, die traditionell wenig mit Programmierung zu tun haben, das Thema Coding und Automatisierung zugänglich zu machen.

 

Die Grundidee geht auf die Programmiersprache Processing zurück, die ab 2001 mit ebenjener Absicht entwickelt wurde: Durch verhältnismäßig einfache Befehlsstrukturen, die kein vertieftes Spezialwissen erfordern, wird die Einstiegshürde ins Coding deutlich herabgesetzt, sodass auch AnfängerInnen schnell zu ersten Ergebnissen kommen. Dadurch wird den GestalterInnen die Scheu genommen, sich an das scheinbar unerschließbare Feld der Programmierung heranzuwagen.

 

Die basil.js-Library baut auf den Sprachstrukturen von Processing auf und macht diese in einer für GestalterInnen vertrauten Umgebung verfügbar: dem Layoutprogramm ‚Adobe InDesign‘. Dabei werden die Vorteile beider Umgebungen vereint: Die gewohnten ‚InDesign‘-Funktionen können durch das Scripting automatisiert werden, zum Beispiel durch vielfache Wiederholung in Schleifen oder durch das Variieren mittels Zufallsfunktionen. Gleichzeitig können die daraus entstandenen Ergebnisse ganz normal in ‚InDesign‘ weiterverarbeitet werden.

 

Nichtsdestotrotz haben viele Studierende ganz bewusst auf diesen letzten Schritt verzichtet: Ihnen war es ein Anliegen, dass das von ihnen entwickelte Script die gesamte Gestaltung übernimmt und somit der Schritt des manuellen Nachkorrigierens entfällt. Diese Herangehensweise zeigt, dass es nicht nur der Reflexion dient, den Systemaspekt gedanklich vom Gestaltungsvorgang zu trennen, sondern dass hierin auch ein ästhetischer Mehrwert liegt: Das Entstehen der Gestaltung auf Knopfdruck, das plötzliche Umschlagen vom Abstrakten ins Sichtbare, das Zusammensetzen eines Designs scheinbar ohne Zutun, all das ist nicht nur für die GestalterInnen faszinierend, sondern nicht zuletzt auch für die Betrachter*innen.
 
Auszug aus der Publikation: Stil System Methoden.